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Illibertäre Demütigung: Wie die CDU Transrechte zur Zielscheibe macht

  • Autorenbild: Richard Krauss
    Richard Krauss
  • 27. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Das Selbstbestimmungsgesetz ist kaum in Kraft, da erklärt die Union es zum Feindbild. Mit dem Versprechen, Transrechte zurückzudrehen, bewegt sich die CDU auf illibertären Spuren – und importiert den Kulturkampf der MAGA-Rechten nach Deutschland.


KI generiertes Bild
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Seit dem 1. November 2024 ist in Deutschland das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das das jahrzehntealte Transsexuellengesetz ersetzt.


Während die alte Regelung psychologische Gutachten, Gerichtsverfahren und entwürdigende Fragen verlangte, genügt nun eine eigenverantwortliche Erklärung beim Standesamt, um Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern.


Für viele trans-, inter- und nicht-binäre Menschen bedeutet das eine längst überfällige Anerkennung ihrer Würde.


Die Zahlen belegen den Reformstau. 10 589 Änderungen des Geschlechtseintrags wurden im Jahr 2024 registriert, eine Spiegel-Hochrechnung ergab bis August rund 15 000 Anmeldungen – mehr als das Dreifache der ursprünglich erwarteten 4 000 pro Jahr. In Hamburg allein wurden binnen weniger Wochen 352 Erklärungen abgegeben. Rund fünf Prozent der Anmeldenden waren minderjährig, die überwältigende Mehrheit Erwachsene.


Kaum war das Gesetz in Kraft, erklärte die Union, es wieder zurückdrehen zu wollen. CDU und CSU beschwören den Schutz von Kindern, warnen vor Missbrauch durch Straftäter und behaupten, Frauenräume seien gefährdet.


Es sind Szenarien, die mehr mit politischer Rhetorik als mit empirischen Fakten zu tun haben. Frauenhauskoordinierung etwa berichtet, dass kein einziger Fall bekannt sei, in dem trans Frauen Frauenhäuser missbräuchlich genutzt hätten.


Psychologische Studien zeigen im Gegenteil, dass rechtliche Anerkennung die psychische Gesundheit stärkt und Risiken wie Depression oder Suizidgedanken mindert.


Die Wissenschaft ist eindeutig: Das Gesetz ändert nichts an medizinischen Eingriffen, die weiterhin streng reguliert bleiben. Es sorgt ausschließlich für rechtliche Klarheit – und diese wirkt stabilisierend. Juristisch ist das Gesetz eine direkte Konsequenz aus den Grundrechtsurteilen des Bundesverfassungsgerichts. Wer eine Rückabwicklung fordert, riskiert nicht nur politische Polarisierung, sondern stellt sich auch gegen die verfassungsrechtliche Logik.


Die Angriffe der Union sind weniger Ausdruck sachlicher Kritik als Teil einer illiberalen Strategie.


Minderheitenrechte werden zur Verfügungsmasse im Kulturkampf, Kinder zum rhetorischen Schutzschild, Ängste vor Kontrollverlust gezielt bedient. Diese Mechanik kennt man aus den USA, wo die Republikaner unter Trump Transrechte zur Wahlkampffrage machten, und aus Europa, wo Orbáns Ungarn mit ähnlichen Argumenten Freiheiten beschneidet.


In Deutschland wirkt das wie ein importiertes Drehbuch – und offenbart eine gefährliche Verschiebung.


Für die Betroffenen geht es nicht um Symbolik, sondern um Alltag: Um Dokumente, die den richtigen Namen tragen, um ein Leben ohne ständige Bloßstellung. Dass dies zur Zielscheibe illiberaler Politik wird, zeigt, wie fragil Grundrechte sind, wenn Parteien bereit sind, sie für Stimmungen preiszugeben.


Das Selbstbestimmungsgesetz ist deshalb nicht nur eine verwaltungstechnische Neuerung, sondern ein Prüfstein: Ob Deutschland bereit ist, die Menschenwürde auch dann zu verteidigen, wenn sie Minderheiten schützt.

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