Erich Kästners Mahnung: Faschismus als moralisches und politisches Phänomen im 21. Jahrhundert
- Richard Krauss
- 17. Juli
- 11 Min. Lesezeit
aktualisiert / ergänzt 17.07.2025 - 14:55
Einleitung: Kästner über Faschismus
„Faschismus ist nicht nur eine politische, sondern auch eine moralische Krankheit.“
(Erich Kästner). Kästner benennt mit dieser Feststellung zwei Kerndimensionen:
Die Dynamiken des Machtverlusts demokratischer Systeme sowie die Auflösung grundlegender gesellschaftlicher Normkomplexe.
Politikwissenschaftliche Analyse fragt entsprechend nach Strukturen, Mechanismen, Ursachen und Wirkungen von Faschismus als politischem Gesamtphänomen. Ziel ist die historisch und empirisch fundierte Identifikation autoritärer Strukturen, um normative Grundlagen demokratischer Gesellschaften analytisch zu schützen.
1. Begriff, Theorien und Strukturen
Faschismus bezeichnet gemäß wissenschaftlicher Forschung ein antidemokratisches Herrschaftsmodell, das sich durch mehrere konstitutive Merkmale auszeichnet:
Erstens durch die Ablehnung pluralistischer Ordnungen und das Streben nach ideologischer Homogenität (Paxton 2004).
Zweitens durch die Auflösung rechtsstaatlicher Strukturen zugunsten einer autoritären Machtzentrierung (Linz 1975).
Drittens durch die normative Vereindeutigung kultureller und politischer Identitäten (Griffin 1993), meist entlang ethnonationaler oder völkischer Linien. Zentrale theoretische Konzepte stammen u. a. von Roger Griffin („palingenetischer Ultranationalismus“), Stanley Payne (typologische Kriterien autoritärer Bewegungen) und Zeev Sternhell (Verschmelzung nationalistischer und revolutionärer Elemente).
Carl Schmitts Begriff des Ausnahmezustands („Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet“, 1932) ist als juristischer Referenzpunkt für faschistische Legalitätsverschiebung zentral. Historisch lassen sich „klassische“ Faschismen (Italien, Deutschland) von „neuen Autoritarismen“ und „postfaschistischen Bewegungen“ unterscheiden (Traverso 2019).
2. Mechanismen faschistischer Mobilisierung
Faschistische Mobilisierung basiert auf der Herstellung kollektiver Feindbilder, die als identitätsstiftende Negativfolie fungieren (Schmitt 1932). Die binäre Konstruktion von „Wir“ vs. „die Anderen“ dient der emotionalen Vereinfachung komplexer gesellschaftlicher Konflikte. Dies geschieht über Sprache (Frame-Analyse: Lakoff 2004), Symbolpolitik (Eco 1995), ritualisierte Formen von Zugehörigkeit (z. B. Massenkundgebungen) sowie über den Einsatz medialer Techniken, die Wiederholung und Emotionalisierung betonen.
Zentrale Instrumente sind die Kontrolle oder Delegitimierung der Presse, die Hierarchisierung der Kommunikationskanäle (Top-down-Kommunikation), die Degradierung von Parlamentarismus und Gewaltenteilung sowie die Herstellung eines permanenten Ausnahmezustands (Agamben 2004).
Gewalt wird dabei nicht nur toleriert, sondern als legitimes Mittel zur Sicherung von Ordnung verstanden, etwa in Form paramilitärischer Strukturen oder durch staatliche Repression oppositioneller Kräfte.
3. Ursachen: Krisen und Mobilisierungspotenzial
Faschistische Bewegungen gewinnen an Zulauf in gesellschaftlichen Krisensituationen.
Hannah Arendt (1951) beschreibt diese in „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ als Mehrfachkrisen: wirtschaftliche Instabilität, soziale Entfremdung, institutioneller Vertrauensverlust und kulturelle Desorientierung.
Politisch bedeutet dies eine Erosion der demokratischen Kultur – erkennbar in sinkender Wahlbeteiligung, Vertrauensverlust in Medien und Justiz (vgl. Eurobarometer 2024: Vertrauen in Parlamente unter 35 % in Teilen Europas).
Die Faschismusforschung (u. a. Linz 1975; Paxton 2004) zeigt: Je stärker sich die strukturelle Unsicherheit in individuellen Deprivationsängsten niederschlägt, desto anschlussfähiger werden autoritäre Programme.
Die falsche Annahme, Demokratie sei unfähig zur Lösung existenzieller Fragen, wirkt als Legitimation für autoritäre Eingriffe. Diese Effekte sind empirisch etwa nach Finanzkrisen oder pandemiebedingten Ausnahmezuständen beobachtbar.
4. Strukturelle Folgen faschistischer Herrschaft
Die langfristigen Effekte faschistischer Systeme betreffen nahezu alle politischen Institutionen.
Erstens: die Schwächung oder Auflösung der Gewaltenteilung – exekutive Dominanz über Legislative und Justiz.
Zweitens: die Suspendierung von Grundrechten über Ausnahmegesetzgebung.
Drittens: die Institutionalisierung repressiver Instrumente zur Durchsetzung ideologischer Normen, etwa durch Sondergerichte, politische Polizei, oder Beschränkung der Meinungsfreiheit (Zakaria 2007). Ein zentrales Merkmal ist die Transformation staatlicher Institutionen in ideologische Vollstreckungsapparate.
Dies betrifft z. B. Bildungssysteme, Medienlandschaften und Verwaltungen. Die so erzeugte „Gleichschaltung“ ermöglicht die Beseitigung oppositioneller Strukturen – nicht nur parteipolitisch, sondern auch zivilgesellschaftlich.
Empirisch nachweisbar sind diese Dynamiken in historischen Faschismen wie dem NS-Staat sowie in neueren autoritären Regimen wie Orbáns Ungarn.
5. Psychosoziale Dynamiken und Anhängerschaft
Theoretisch ist die Anhängerschaft faschistischer Bewegungen eng mit Konzepten des autoritären Charakters (Adorno 1950), der „Right-Wing Authoritarianism“ (RWA) nach Altemeyer (1996) und mit gruppenpsychologischen Mechanismen (Tajfel & Turner: Social Identity Theory) verknüpft.
Gemeinsam ist ihnen: die Präferenz für Ordnung über Freiheit, die Abwertung ambivalenter Identitäten und eine hohe Anfälligkeit für statusbezogene Bedrohungsszenarien.
Soziologisch zeigen sich diese Dynamiken besonders stark in Milieus mit hohem sozioökonomischen Druck, prekärer Bildungslage und geringer politischer Selbstwirksamkeit.
Die emotionale Anbindung an eine Führungsfigur (charismatische Herrschaft nach Weber) fungiert als Ersatz für kollektive Partizipation. Empirisch zeigen Studien (z. B. PEW 2023, Bertelsmann Stiftung 2024), dass autoritäre Einstellungen mit Unsicherheitsgefühl und Kontrollverlust korrelieren.
6. Geschlechter- und Altersstrukturen im Faschismus
Faschistische Ideologien greifen regelmäßig auf heteronormative, binäre Geschlechterbilder zurück, die männliche Dominanz betonen und Abweichungen pathologisieren (Butler 2009; Sauer 2006).
Weiblichkeit wird entweder funktionalisiert (Mutter, Gefolgsfrau) oder delegitimiert. Antifeminismus und Queerfeindlichkeit dienen als ideologische Fixpunkte zur Identitätsstiftung und Entgrenzung autoritärer Gewalt gegen als „abweichend“ definierte Gruppen.
Jugend wird durch Sozialisationseinrichtungen, digitalen Aktivismus (Telegram, TikTok, YouTube), Gaming-Communities und nationalistische Symbolik gezielt angesprochen (vgl. Pfeiffer 2022).
Ältere Generationen sind empfänglich für Traditionalismus, Geschichtsnarrative und autoritätsbasierte Weltdeutungen.
Beide Gruppen werden über emotionalisierte Diskurse (Heimat, Sicherheit, Identität) in autoritäre Bewegungen integriert.
7. Empirische Erscheinungsformen global
Globale Phänomene autoritärer Bewegungen zeigen teils deckungsgleiche Muster. In Ungarn (Fidesz) erfolgte der Umbau des Verfassungsgerichts, die Entmachtung der Medienaufsicht sowie die Umwidmung öffentlicher Mittel zur Kontrolle der Zivilgesellschaft (Freedom House 2024). In Polen (PiS) wurde der Justizapparat systematisch politisiert.
In Indien (BJP/Hindutva) kam es zu antimuslimischen Pogromen mit staatlicher Duldung. In Brasilien (Bolsonaro) und den USA (Trumpismus/MAGA) wurden Institutionen gezielt geschwächt.
Diese Bewegungen sind empirisch analysierbar durch folgende Indikatoren: Einschränkung von Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen Index), Delegitimierung von Wahlprozessen, populistische Infragestellung von Gewaltenteilung, strategischer Ausnahmezustand (Pandemie, Migration, Terrorismus) und offene Aufrufe zu Gewalt oder Ausgrenzung.
8. Normative Grundlagen und verfassungsrechtliche Betrachtung
Der Faschismus steht im direkten Gegensatz zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Die zentralen Prinzipien – Menschenwürde (Art. 1 GG), Gleichheit (Art. 3 GG), Meinungsfreiheit (Art. 5 GG), Recht auf Opposition (Art. 21 GG) und Gewaltenteilung – bilden die normative Grundlage des Verfassungsschutzes.
Maßnahmen, die auf die Aushöhlung dieser Prinzipien zielen, sind nicht nur politisch gefährlich, sondern verfassungsrechtlich relevant.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat wiederholt klargestellt, dass Angriffe auf die Menschenwürde, offene Feindseligkeit gegenüber Gruppen sowie gezielte Schwächung institutioneller Garantien mit dem Grundgesetz unvereinbar sind (BVerfGE 144, 20).
Politische Strömungen, die kollektive Identität über Rechtsstaatlichkeit stellen, sind gemäß Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 GG überprüfbar und im Extremfall verfassungswidrig. Diese normativen und juristischen Rahmenbedingungen dienen nicht nur der Selbstbehauptung des demokratischen Staates, sondern sind Prüfsteine für politische Bewegungen, die strukturell autoritäre Tendenzen aufweisen.
9. Internationale Vergleichs- und Fallanalyse: Die MAGA-Bewegung in den USA
Die „Make America Great Again“ (MAGA)-Bewegung um Donald Trump erfüllt mehrere der politikwissenschaftlich definierten Indikatoren faschistischer Mobilisierung.
Dazu gehören die systematische Schaffung von Feindbildern (etwa „Fake News“, Einwanderer, linke „Radikale“), die Delegitimierung demokratischer Institutionen (Behauptung von Wahlbetrug), und die Inszenierung eines permanenten Ausnahmezustands (z. B. COVID-19-Pandemie als angebliche Verschwörung).
Die Bewegung greift ritualisierte Massenmobilisierung (große Kundgebungen, Fackelmärsche) sowie aggressive Symbolik (Flaggen, Parolen) auf, die an historische faschistische Bewegungen erinnern. Die Legitimation von Gewalt durch paramilitärische Gruppen wie die „Proud Boys“ ist dabei ein gravierender Hinweis auf faschistische Dynamiken.
Zudem wird eine charismatische Führerfigur inszeniert, die kollektive Identität und politische Ordnung personalisiert. Die politische Kultur innerhalb von MAGA zeigt autoritäre Grundzüge, die auf Angst, Wut und Nostalgie basieren und durch gezielte Desinformation verstärkt werden.
10. Faschismusindikatoren und das Verhalten deutscher Bundestagsparteien 2025
Die politische Landschaft in Deutschland weist unterschiedliche Grade faschistischer Merkmale auf, wobei einzelne Parteien durch spezifische Rhetorik, Mitgliedschaft und Programmteile kritisch zu betrachten sind.
Insbesondere extrem rechte Parteien wie die AfD zeigen klare Indikatoren: Ablehnung pluralistischer Demokratie, ethnonationale Identitätsforderungen und Delegitimierung von Presse und Justiz. Insbesondere Teile der AfD-Jugendorganisationen und Landesverbände betonen völkische Narrative und instrumentalisieren soziale Ängste.
Rechte Parteien nutzen strategisch populistische Frames und schaffen Feindbilder, häufig gegen Migranten, Muslime und linke Kräfte. Während etablierte Parteien wie CDU, SPD oder FDP sich formell zur demokratischen Grundordnung bekennen, werden in Teilen konservativer Kreise autoritäre Tendenzen sichtbar, etwa in der Forderung nach starker Exekutive oder Einschränkung der Meinungsfreiheit gegenüber „extremen“ Positionen.
Die CDU/CSU hat vereinzelt nationalistische Rhetorik geduldet, während die Linke antifaschistische Positionen explizit vertritt, aber auch mit problematischen Mitgliedschaften zu kämpfen hat.
Die Grünen fokussieren auf demokratische Teilhabe und Minderheitenschutz, zeigen jedoch vereinzelt autoritäre Kontrollansätze (z. B. in Digitalpolitik). Die Analyse faschistischer Indikatoren im Bundestag erfordert daher eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Akteure und deren Programmatik.
11. Gruppierungen und Vereine mit faschistischen Merkmalen in Deutschland
In Deutschland lassen sich mehrere Gruppierungen identifizieren, die eindeutige faschistische Merkmale aufweisen:
a) Der III. Weg – eine neonazistische Partei mit offen völkischer Ideologie, die den Nationalsozialismus verherrlicht und eine gewaltbereite, paramilitärische Struktur aufweist. Merkmale sind Rassismus, Antisemitismus, Gewaltverherrlichung und Ablehnung demokratischer Institutionen. Zitate von Parteiführern sowie Dokumentationen des Verfassungsschutzes belegen die faschistische Gesinnung (Verfassungsschutzbericht 2024).
b) Combat 18 – ein gewaltorientiertes rechtsextremes Netzwerk mit internationalem Bezug, das sich offen zum Nationalsozialismus bekennt. Es verfolgt eine Strategie der Einschüchterung durch terroristische Akte und faschistische Propaganda. Kennzeichnend sind paramilitärische Strukturen, rassistische Hetze und gezielte Gewalt gegen Minderheiten (BKA-Berichte).
c) Der Flügel innerhalb der AfD – ein loser Zusammenschluss von Mitgliedern, der völkisch-nationalistische Positionen vertritt und mit faschistischer Rhetorik arbeitet. Zahlreiche Publikationen und Reden zeigen die Ideologie, die an NS-Propaganda erinnert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft Teile des Flügels als extremistisch ein (BfV 2023).
d) Identitäre Bewegung – eine Jugendbewegung mit verschwörungsideologischen, rassistischen und anti-islamischen Inhalten. Sie inszeniert sich modern und nutzt Social Media, verfolgt aber ein klar faschistisches Weltbild, das ethnische Homogenität und den Ausschluss von „Anderen“ propagiert (Studien zur Rechtsextremismusprävention).
Diese Gruppierungen sind empirisch, rechtlich und politisch relevant, da sie nicht nur ideologische Gefahr, sondern auch Gewaltpotenzial in sich tragen. Ihre Aktivitäten werden durch den Verfassungsschutz beobachtet und sind Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen.
Faschistische Sympathisanten in Deutschland
Laut aktueller Forschung zeigen etwa 8–9 % der deutschen Bevölkerung – das entspricht rund 6,8 bis 7,6 Millionen Menschen – ein geschlossen rechtsextremes bzw. faschistisches Weltbild, das zentrale Merkmale wie Nationalismus, Antisemitismus und die Befürwortung autoritärer Herrschaft einschließt (Friedrich-Ebert-Stiftung, Mitte-Studie 2023; Heitmeyer 2023).
Zusätzlich stimmen etwa 20–25 % – also rund 16,9 bis 21,2 Millionen Menschen – zumindest einzelnen Aspekten dieser Ideologien, wie etwa rassistischen oder antisemitischen Vorurteilen, zu (Mitte-Studie 2023; Stöss 2022). Diese empirischen Zahlen zeigen, dass faschistoide Einstellungen in Deutschland keinesfalls marginal sind, sondern einen messbaren und gesellschaftlich relevanten Anteil der Bevölkerung betreffen (Friedrich-Ebert-Stiftung 2023, S. 40–44).
13. Was kannst du tun? Dein Fahrplan gegen Faschismus
Du erkennst Faschismus und autoritäre Methoden daran, dass Minderheiten zum Sündenbock gemacht werden, rechtsstaatliche Prinzipien untergraben, unabhängige Institutionen delegitimiert und Angst sowie Hass geschürt werden.
Doch du bist nicht machtlos. Demokratie lebt vom Engagement jeder einzelnen Person – nicht nur von Parteien. Demokratische Parteien sind wichtig, aber dein eigenes Handeln ist entscheidend.
1. Informiere dich umfassend und kritisch
Lass dich nicht von populistischen Parolen täuschen. Nutze unabhängige, gut recherchierte Informationsquellen, um dich über Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und aktuelle politische Entwicklungen zu informieren:
Bundeszentrale für politische Bildung: bpb.de
Amadeu Antonio Stiftung: amadeu-antonio-stiftung.de
Correctiv (Faktenchecks): correctiv.org
Bundeszentrale für politische Bildung, Themen zur Demokratie: bpb.de/themen/demokratie
2. Engagiere dich zivilgesellschaftlich – unabhängig von Parteien
Beteilige dich in Initiativen gegen Rassismus, für Menschenrechte und sozialen Zusammenhalt. Demokratie braucht aktive Bürger*innen, die ihre Stimme erheben:
Netzwerk gegen Rassismus: netz-gegen-rassismus.de
Demokratie Leben!: demokratie-leben.de
Amnesty International Deutschland: amnesty.de
Bündnis für Demokratie und Toleranz: bpb.de/buendnis
3. Führe Gespräche und setze dich im Alltag ein
Diskutiere in deinem Umfeld kritisch und offen über Demokratie und Antidemokratie. Widerspreche menschenfeindlichen Aussagen und fördere einen respektvollen Umgang:
Netzwerk Courage (gegen Rechtsextremismus): netzwerk-courage.de
ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit: zara.or.at
Exit-Deutschland (Aussteigerhilfe Rechtsextremismus): exit-deutschland.de
4. Schütze demokratische Institutionen – durch deine Stimme und Wachsamkeit
Wähle informiert und kritisch. Kontrolliere demokratische Akteure, fordere Transparenz und Rechtsstaatlichkeit ein. Deine Beteiligung ist ein Gegengewicht zu autoritären Tendenzen:
Wahl-O-Mat (Parteiencheck): wahl-o-mat.de
Wahlrecht.de (Informationen zu Wahlrecht und Demokratie): wahlrecht.de
Bundeszentrale für politische Bildung: bpb.de
5. Unterstütze Qualitätsjournalismus und fördere Medienkompetenz
Prüfe Fakten sorgfältig, verbreite keine Falschinformationen und lerne, Fake News zu erkennen. Eine freie Presse ist unverzichtbar für Demokratie:
Correctiv (Faktencheck): correctiv.org
Netzwerk Recherche (Journalismusförderung): netzwerkrecherche.de
Media Literacy Lab: medialiteracylab.org
Stiftung Neue Verantwortung (Medien und Demokratie): stiftung-nv.de
6. Achte auf deine psychische Widerstandskraft
Faschistische Bewegungen nutzen Angst und Unsicherheit aus. Reflektiere deine Gefühle und suche Unterstützung bei Bedarf, um nicht in autoritäre Denkmuster zu verfallen:
Deutsche Gesellschaft für Psychologie: dgps.de
Psychologische Beratungsstellen (z.B. Telefonseelsorge): telefonseelsorge.de
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: bzga.de
Wenn du Fragen hast oder dich austauschen möchtest, erreichst du den Autor unter:info@emet-news-press.com
Faschismus-Checkliste
Autoritäre Führerfigur wird idealisiert oder gefordert
Demokratie und Pluralismus werden abgelehnt oder abgewertet
Einschränkung oder Abschaffung demokratischer Institutionen wird befürwortet
Überlegenheit und „Reinheit“ der eigenen Nation oder „Volksgemeinschaft“ wird betont
Ausgrenzung oder Diskriminierung von Minderheiten erfolgt offen oder wird gefordert
Klare Feindbilder gegen Gruppen (z. B. ethnische, politische oder religiöse) werden aufgebaut
Verbreitung von Verschwörungsideologien (z. B. einer angeblichen Unterwanderung durch „Fremde“)
Befürwortung oder Rechtfertigung politischer Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ziele
Glorifizierung von Krieg, Militarismus oder Disziplin
Ablehnung der Gleichwertigkeit und Menschenrechte für bestimmte Gruppen
Überbetonung von Tradition, Uniformität und Ordnung
Staat soll individuelle Rechte deutlich einschränken und „starke Hand“ zeigen
Glossar
Adorno, Theodor W.
Deutscher Sozialphilosoph, prägte das Konzept des autoritären Charakters und war Mitautor der Studie „The Authoritarian Personality“.
Agamben, Giorgio
Italienischer Philosoph; entwickelte das Konzept des Ausnahmezustands als zentrales Instrument moderner Machtausübung.
Anti-Feminismus
Ideologische Ablehnung oder Bekämpfung feministischer Positionen; oft Teil reaktionärer und autoritärer Bewegungen.
Autoritarismus
Politisches System oder Haltung, bei der Macht in Händen weniger konzentriert und individuelle Freiheiten eingeschränkt sind.
Autoritärer Charakter / Persönlichkeitsstruktur
Psychologisches Konzept, das Menschen mit Hang zu Unterordnung, Konformismus und starker Feindbildorientierung beschreibt (Adorno u.a.).
Ausnahmezustand
Situation, in der geltende Rechtsnormen vorübergehend außer Kraft gesetzt werden, oft zur Ausweitung exekutiver Macht (vgl. Schmitt, Agamben).
BVerfG (Bundesverfassungsgericht)
Höchstes deutsches Gericht zur Wahrung des Grundgesetzes; entscheidet u. a. über Parteien- oder Vereinsverbote.
Butler, Judith
US-amerikanische Philosophin und Gender-Theoretikerin; analysiert Geschlechterrollen und Heteronormativität im Kontext von Macht.
Combat 18
Internationales rechtsextremes, neonazistisches Netzwerk mit terroristischer Gewaltbereitschaft und paramilitärischer Struktur.
Deprivationsangst
Gefühl und Angst vor materieller oder sozialer Benachteiligung; zentral bei der Mobilisierung autoritärer Bewegungen.
Eco, Umberto
Italienischer Autor; schrieb „Ur-Fascism“ mit zentralen Merkmalen faschistischer Ideologien.
Empirie
Durch Beobachtung und Messung gewonnene wissenschaftliche Daten; Grundlage für gesellschaftliche Analysen.
Ermächtigungsgesetz
Begriff für Gesetze, durch die Regierungen in Krisen weitreichende Befugnisse erhalten (historisch: Deutschland 1933).
Exekutive
Ausführende Staatsgewalt (Regierung, Verwaltung); in autoritären oder faschistischen Systemen meist vorherrschend über Legislative und Judikative.
Faschismus
Antidemokratisches, autoritäres Herrschaftssystem, gekennzeichnet durch Gewalt, Nationalismus, Feindbildkonstruktion und Elitenkult.
Feindbild
Kollektiv negativ besetztes Bild einer Gruppe, das zur Abgrenzung und politischen Mobilisierung dient.
Feminismus
Gesellschaftliche, politische und intellektuelle Bewegung sowie theoretisches Konzept, das sich für die vollständige rechtliche, soziale und wirtschaftliche Gleichstellung aller Geschlechter einsetzt.
Feminismus kritisiert patriarchale Macht- und Herrschaftsstrukturen, thematisiert Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen und anderen Geschlechtsidentitäten, und fordert gleiche Teilhabe, Schutz vor Gewalt sowie den Abbau geschlechtsbasierter Ungleichheiten.
In wissenschaftlichen Analysen wird Feminismus häufig als demokratische Gegenposition zu autoritären, antifeministischen und völkischen Ideologien verstanden.
Frame-Analyse
Diskursanalytische Methode zur Untersuchung, wie sprachliche und mediale „Frames“ (Deutungsrahmen) Wahrnehmungen und Einstellungen prägen (z. B. Lakoff).
Freedom House
US-amerikanische NGO, beobachtet weltweit politische Rechte und Freiheiten und veröffentlicht entsprechende Berichte/Rankings.
Gleichschaltung
Zwang zur totalen Vereinheitlichung politischer, gesellschaftlicher und kultureller Institutionen unter autoritärer Herrschaft.
Griffin, Roger
Britischer Historiker; definiert Faschismus als „palingenetischen Ultranationalismus“ (Mythos der nationalen Wiedergeburt).
Grundgesetz (GG)
Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland; garantiert Grundrechte und demokratische Strukturen.
Identitäre Bewegung
Rechtsextreme Jugendbewegung, inszeniert ethnopluralistische und antiislamische Ideologie, nutzt Social Media zur Propaganda.
Illiberale Demokratie
Herrschaftsform mit demokratischen Wahlelementen, aber eingeschränkten Grund- und Freiheitsrechten (vgl. Zakaria).
Konformismus
Anpassung an gesellschaftliche Normen oder Autoritäten, selbst bei Widerspruch zu eigenen Überzeugungen.
Linz, Juan J.
Politikwissenschaftler, analysierte und differenzierte autoritäre und totalitäre Systeme, v. a. im 20. Jahrhundert.
MAGAAbk. für „Make America Great Again“; politische Bewegung um Donald Trump mit populistischen und autoritären Tendenzen.
Menschenwürde
Unantastbares Grundrecht nach Art. 1 GG; zentrale Grundlage für demokratische Gesellschaftsordnungen.
Normative Grundlagen / Normkomplex
Die Gesamtheit wertender und rechtlicher Normen, welche demokratische Ordnungen und gesellschaftlichen Zusammenhalt stützen.
Palingenese/palingenetischer Ultranationalismus
Begriff Griffins: Der Glaube an eine nationale „Wiedergeburt“ als Kern ideologischer Legitimation faschistischer Bewegungen.
Paxton, Robert O.
US-amerikanischer Historiker; analysiert Faschismus als soziales, kollektives Handlungsmuster in Krisen.
Pluralismus
Anerkennung und Koexistenz verschiedener sozialer, politischer und kultureller Gruppen in einer Gesellschaft.
Populismus
Politische Strategie, die „das Volk“ gegen „die Eliten“ stellt und gesellschaftliche Komplexität auf einfache Gegensätze reduziert.
Rechtsschutz
Juristische Absicherung individueller Grundrechte gegenüber dem Staat; in autoritären Systemen meist eingeschränkt.
Repressionsapparat
Staatliche Organe (Polizei, Geheimdienste u. a.), die oppositionelle Kräfte, Minderheiten oder Kritiker systematisch unterdrücken.
Reporter ohne Grenzen
Internationale NGO, beobachtet und bewertet die weltweite Lage der Pressefreiheit.
Sondergerichte
Außerhalb der regulären Justiz eingerichtete Gerichte, häufig zur politischen Verfolgung von Gegnern in autoritären Regimen.
Souverän (nach Schmitt)
Diejenige Instanz, die über den Ausnahmezustand entscheidet und damit die Grenzen rechtlicher Normen setzt (C. Schmitt).
Soziale Identität/Social Identity Theory
Sozialpsychologisches Modell (Tajfel/Turner), erklärt Kollektivverhalten durch Gruppenzugehörigkeit und Abgrenzung.
Stereotypisierung
Zuweisung pauschaler, oft abwertender Eigenschaften an eine ganze Gruppe, Grundlage für Vorurteile und Ausgrenzung.
Top-Down-Kommunikation
Hierarchisch gesteuerte Weitergabe von Informationen und Anweisungen, meist von politischen Eliten an die Bevölkerung.
Traverso, Enzo
Historiker und Faschismusforscher, analysiert Übergänge zwischen klassischen und neuen autoritären Regimen.
Typologie/typologische Kriterien
Systematische Einordnung politischer Phänomene (wie Faschismus) anhand definierter Merkmale (z. B. Payne).
Verfassungsfeindlich
Handlungen oder Strukturen, die gezielt gegen die Prinzipien und Ordnung des Grundgesetzes gerichtet sind.
Verfassungsschutz
Staatliche Stelle zur Überwachung und Abwehr verfassungswidriger oder extremistischer Bestrebungen.
Verfassungsschutzbericht
Jährlicher Bericht deutscher Behörden über verfassungsfeindliche Aktivitäten und Gruppierungen.
Vielfalt (Diversity)
Vielfältige soziale, kulturelle und individuelle Lebensweisen als Grundprinzip pluralistischer und demokratischer Gesellschaften.
Völkisch
Ideologie, die „Volk“ ethnisch definiert und Minderheiten ausschließt; historisch besonders prägend für Nationalsozialismus.
Volk/Gemeinschaft
Politisches Konstrukt, das auf ethnischer, kultureller oder nationalistischer Exklusivität basiert.
Zakaria, Fareed
Politikwissenschaftler, prägte den Begriff der „illiberalen Demokratie“ zur Unterscheidung von pluralistischer Demokratie.
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