Die Schwachstelle Infrastruktur (KRITIS) rückt ins Visier der Saboteure
- Richard Krauss

- 3. Sep.
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BERLIN / KÖLN (emet-news-press) Sabotage gegen kritische Infrastrukturen ist in Deutschland und Europa in den vergangenen Monaten zur akuten Bedrohung geworden. Die Zahl der Vorfälle steigt seit Anfang 2024 deutlich: Energieanlagen, Bahnstrecken, Telekommunikationsknoten, Wasserwerke und militärische Einrichtungen rücken verstärkt ins Visier von Angreifern.

Wiederholte Zwischenfälle – etwa beschädigte oder durchtrennte Steuerkabel der Bahn in Norddeutschland, gezielte Brand- und Sprengstoffanschläge sowie die Zerstörung von Lichtwellenleiter- oder Stromleitungen – führten regelmäßig zu großflächigen Störungen und Ausfällen.
Experten schätzen, dass etwa 80 Prozent der kritischen Infrastruktur in Deutschland in privater Hand liegt, sodass nicht nur staatliche, sondern auch zahlreiche Unternehmen von der Sabotage direkt betroffen sind. Besonders besorgniserregend ist, wenn leitungsgebundene Versorgungsnetze wie Strom und Telekommunikation gestört werden, weil dann die Funktionsfähigkeit wichtiger gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bereiche zeitgleich gefährdet ist.
Hinter vielen der Delikte stehen nach Angaben der Sicherheitsbehörden nicht länger klassische Extremisten, sondern zunehmend Agenten und Unterstützungspersonen, die von russischen Nachrichtendiensten angeworben werden.
Eine neue Methode ist die Rekrutierung sogenannter „Wegwerfagenten“: Menschen, die meist über soziale Netzwerke oder mit geringen finanziellen Anreizen kontaktiert werden, um gezielte Sabotageakte als Einzeltäter oder im Kleinstteam auszuführen.
Typisch für diese Personen sind fehlende Geheimdienstausbildung, kaum Kenntnisse zu den Zielen und Hintergründen der Sabotage, mangelnde Loyalität gegenüber ihren Anwerbern sowie die Bereitschaft, eigene Sicherheit bewusst zu riskieren.
Ermittler warnen, dass russische Nachrichtendienste inzwischen bewusst solche Personen als eine Art Kanonenfutter einsetzen, weil sie leicht zu ersetzen sind, wenig Verbindung zu professionellen Netzwerken oder Kommunikationsstrukturen haben und im Fall ihrer Festnahme kaum Rückschlüsse auf die eigentlichen Auftraggeber zulassen.
Beispielhaft zeigen sich die Folgen bei jüngsten Sabotageakten, etwa dem Ausfall ganzer Bahnnetze im Norden oder dem großflächigen Blackout durch unterbrochene Strom- und Kommunikationsleitungen im Ostseeraum.
Auch internationale Ereignisse, etwa Stromausfälle in Südfrankreich, Spanien oder Portugal, verdeutlichen die Verwundbarkeit der modernen Infrastruktur.
Deutsche Behörden berichten zudem von einer Häufung von Drohnensichtungen über Verteidigungsanlagen sowie von Cyberangriffen auf IT-Steuerungssysteme der Energie- und Wasserversorgung. Im August 2025 warnten Bundesnachrichtendienst und Bundeskriminalamt gemeinsam vor einer neuen Welle russischer Anwerbeversuche mit dem Ziel, Wegwerfagenten „in Masse“ zur Sabotage kritischer Versorgungsstrukturen einzusetzen.
Die Absichten der Saboteure sind vielschichtig und reichen von handfesten wirtschaftlichen Nachteilen für Deutschland und seine Partner über die Verbreitung von Unsicherheit und Misstrauen bis hin zu gezielten Versuchen, demokratische Entscheidungsstrukturen zu destabilisieren.
Informationsoffensiven und gezielte Desinformationskampagnen in sozialen Medien begleiten gezielt erfolgreiche oder gescheiterte Sabotageakte, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Handlungsfähigkeit von Staat und Unternehmen weiter zu schwächen.
Die oft geringe Vorbereitung und unprofessionelle Vorgehensweise der Wegwerfagenten erhöht die Gefahr, dass Schäden auch unbeabsichtigt besonders groß ausfallen, beispielsweise durch Fehlhandlungen oder den Einsatz ungeeigneter Werkzeuge oder Sprengstoffe.
Zum Schutz vor Sabotage intensivieren die zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene teils massiv die Maßnahmen. Es wurden ressortübergreifende Koordinierungsstäbe gebildet, digitale Lagebilder und frühzeitige Meldeketten für Vorfälle installiert sowie technische Investitionen in Zutrittskontrollen, Überwachungssysteme, Cyberabwehr und Personalschulungen angekündigt.
Unternehmen und Betreiber kritischer Infrastruktur sind angehalten, sensible Bereiche zu sichern, ihre Mitarbeitenden regelmäßig zu überprüfen und auffällige Kontakte oder Anwerbeversuche konsequent zu melden.
Ein wichtiger Baustein ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Phänomen der Wegwerfagenten: Wer sich von russischen oder anderen ausländischen Diensten für einen einmaligen Sabotageauftrag anwerben lässt, begeht nicht nur eine schwere Straftat, sondern bringt auch sich selbst in Gefahr und riskiert, das gesamte Gemeinwesen zu schädigen.
Die aktuelle Sicherheitslage bleibt angespannt. Trotz europäischer Regulierungsinitiativen und umfangreicher rechtlicher Vorgaben kommt es immer wieder zu großflächigen Störungen im KRITIS-Sektor.
Die zunehmende Professionalisierung und Internationalisierung der Täter, gepaart mit wirtschaftlichen und geopolitischen Krisen, sorgt für eine dauerhafte Hochrisikokonstellation. Bevölkerung, Medien und Unternehmen sind gleichermaßen aufgerufen, wachsam zu bleiben, Präventionshinweise zu beachten und den Schulterschluss mit den Sicherheitsbehörden zu suchen.
Der Schutz kritischer Infrastrukturen – gleich ob Energie, Verkehr, Wasser, Kommunikation oder Verwaltung – ist mehr denn je eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deren Lösung auch nach dem aktuellen Lagebild ehrgeizig vorangetrieben werden muss.
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