top of page

Die CDU sägt am eigenen Markenkern: Kauder stellt der CDU die Gewissensfrage

  • Autorenbild: Richard Krauss
    Richard Krauss
  • 31. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Wenn ein Urgestein wie Volker Kauder, der die Union über ein Jahrzehnt als Fraktionschef in Berlin zusammenhielt, öffentlich vor einer Entkernung seiner Partei warnt, ist das mehr als nur die Wortmeldung eines Veteranen.


Es ist ein Alarmsignal. Kauders Appell, das „C“ im Parteinamen nicht gegen ein „K“ für konservativ auszutauschen, trifft den Nerv einer CDU, die unter Friedrich Merz auf einem schmalen Grat zwischen Erneuerung und Selbstverleugnung wandelt. Die Partei ist auf der Suche nach einem neuen Kompass – und droht dabei ihre Seele zu verlieren.


Volker Kauder, CDU
Volker Kauder, CDU

Die Belege für Kauders Sorge sind unübersehbar. Das neue Grundsatzprogramm, das die Handschrift von Merz und Generalsekretär Carsten Linnemann trägt, ist ein Dokument der Abkehr. Es ist der Versuch, die als zu sozialdemokratisch empfundene Ära Merkel programmatisch zu beerdigen.


Begriffe wie „Leitkultur“ werden wiederbelebt, der Ton in der Migrations- und Sicherheitspolitik verschärft und die Marktwirtschaft als nahezu alleiniger Heilsbringer gepriesen. Soziale Errungenschaften der letzten Jahre? Werden bestenfalls noch am Rande erwähnt. Es ist eine Agenda für die Fleißigen, die vor allem nach rechts blinkt, um Wähler von der AfD zurückzugewinnen.


Diese strategische Neuausrichtung wird von einem veränderten Politikstil flankiert. Wo unter Merkel das ausgleichende, moderierende Wort vorherrschte, setzt Merz auf Zuspitzung und Konfrontation. Die bewusste Distanzierung von der eigenen Regierungsvergangenheit ist dabei ein riskantes Manöver. Sie soll Profil schärfen, kann aber auch die eigene Wählerschaft in der Mitte verunsichern, die 16 Jahre lang genau jenen pragmatischen Kurs goutiert hat.


Kauder steht mit seiner Kritik nicht allein. Seine Stimme ist nur die prominenteste in einem Chor, der leiser, aber vernehmlich in der Partei zu hören ist. Vertreter des christlich-sozialen Arbeitnehmerflügels und moderate Köpfe aus den Landesverbänden sehen die Gefahr, dass die CDU ihre integrative Kraft als Volkspartei der Mitte verspielt. Eine Partei, die, wie Kauder richtig anmerkt, nie nur konservativ war, sondern immer auch einen liberalen und einen sozialen Flügel unter ihrem Dach vereinte. Dieses Erfolgsmodell der Bundesrepublik wird nun auf eine harte Probe gestellt.


Die Rechnung, die Friedrich Merz aufmacht, ist simpel, aber gefährlich: Ein schärferes konservatives Profil soll die rechte Flanke schließen und die AfD zurückdrängen. Doch was, wenn diese Rechnung nicht aufgeht? Was, wenn man rechts an Stimmen nur wenig gewinnt, aber in der Mitte entscheidend verliert? Die CDU läuft Gefahr, zu einer Partei zu werden, die zwar klarer in ihren Konturen ist, aber in einem immer kleineren politischen Raum agiert.


Volker Kauders Mahnung ist daher mehr als ein nostalgischer Rückblick. Es ist die entscheidende Frage für die Zukunft der Union:


Will sie eine Partei sein, die mit konservativer Härte und marktradikalen Rezepten punkten will, oder besinnt sie sich auf ihre eigentliche Stärke – die Fähigkeit, auf Basis des christlichen Menschenbildes unterschiedliche Interessen zu integrieren und pragmatische Lösungen für das ganze Land anzubieten. Die Antwort darauf wird entscheiden, ob die CDU wieder zur gestaltenden Kraft der Bundesrepublik wird oder nur noch ein Schatten ihrer selbst bleibt.

Kommentare


bottom of page