Säuberung: Trump feuert Chef des US-Militärgeheimdienstes DIA
- Richard Krauss

- 23. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Washington – Der Chef des US-Militärgeheimdienstes DIA, Generalleutnant Jeffrey A. Kruse, ist entlassen worden. Wie mehrere US-Medien übereinstimmend berichten, habe Verteidigungsminister Pete Hegseth den 60-jährigen Offizier am Freitag seines Postens enthoben.
Eine offizielle Bestätigung des Pentagons liegt bislang nicht vor, doch ranghohe Beamte und Kongressabgeordnete bestätigten den Schritt gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters und weiteren US-Medien.

Hintergrund ist ein interner Geheimdienstbericht zu den jüngsten amerikanischen Luftangriffen auf iranische Atomanlagen, der in deutlichem Widerspruch zu den öffentlichen Aussagen von Präsident Donald Trump stand.
Kruse hatte die Leitung der Defense Intelligence Agency im Februar 2024 übernommen, nachdem er von Trumps Vorgänger Joe Biden nominiert worden war. Zuvor diente er in verschiedenen hochrangigen Funktionen im Nachrichtendienstbereich, unter anderem als Berater des Nationalen Sicherheitsrates.
Seine Amtszeit endete nun abrupt – weniger als zwei Jahre nach Amtsantritt. Wer seine Nachfolge übernehmen wird, ist derzeit unklar. Medienberichte nennen Christine Bordine, die bisherige stellvertretende Direktorin, als kommissarische Leiterin.
Der Auslöser der Personalentscheidung liegt offenbar in einem geleakten internen DIA-Bericht. In dem Dokument kommen die Analysten zu dem Schluss, dass die US-Angriffe auf drei iranische Nuklearanlagen im Juni das Atomprogramm Teherans nur um wenige Monate zurückgeworfen hätten.
Präsident Trump hatte hingegen erklärt, die Ziele seien „vollständig zerstört“ und der Iran entscheidend geschwächt worden. Die Diskrepanz zwischen öffentlicher Darstellung und interner Lageeinschätzung sorgte für erhebliche Aufmerksamkeit.
Nach Angaben des „Wall Street Journal“ soll der Bericht im Pentagon als „low confidence assessment“ eingestuft gewesen sein – also als Einschätzung mit begrenzter Sicherheit. Dennoch löste das Bekanntwerden der Analyse politische Irritationen aus. Trump selbst äußerte sich bislang nicht öffentlich zu den Vorgängen.
Die Entlassung von Kruse ist Teil einer Serie von Personalwechseln im Sicherheitsapparat seit Beginn von Trumps zweiter Amtszeit. Bereits im April hatte der Präsident den Direktor der National Security Agency (NSA), Timothy Haugh, entlassen.
Im Februar entließ Hegseth zudem den Generalstabschef der Streitkräfte, General C.Q. Brown, sowie fünf weitere Admirale und Generäle. Erst vor wenigen Tagen kündigte zudem der Chef der US-Luftwaffe, General David Allvin, überraschend seinen Rücktritt an.
Beobachter sprechen von einer „Säuberung“ im höchsten militärischen Führungspersonal.
Die Häufung von Abberufungen sorgt auch im Kongress für Kritik. Mark Warner, demokratischer Senator aus Virginia und stellvertretender Vorsitzender des Geheimdienstausschusses, bezeichnete den Schritt als „hochgradig beunruhigend“.
Die Entlassung werfe den Verdacht auf, dass Loyalität gegenüber dem Präsidenten stärker zähle als unabhängige Analyse. „Wenn die Einschätzungen der Geheimdienste politischer Opportunität geopfert werden, gefährdet das die nationale Sicherheit“, erklärte Warner. Ähnliche Kritik kam auch von weiteren Demokraten.
US-Medien berichten zudem, dass neben Kruse zwei weitere hochrangige Marineoffiziere entlassen wurden: Rear Admiral Milton Sands und Vizeadmiralin Nancy Lacore. Offiziell wurde als Begründung jeweils „Verlust des Vertrauens“ („loss of confidence“) genannt – eine Formulierung, die in der US-Militärsprache häufig für schwerwiegende Vorbehalte gegen die Amtsführung gebraucht wird.
Analysten verweisen darauf, dass Führungspositionen in den US-Streitkräften traditionell als überparteilich galten. Unabhängig davon, ob Demokraten oder Republikaner im Weißen Haus saßen, blieben die Spitzen von Militär und Nachrichtendiensten in der Regel im Amt, solange sie das Vertrauen des Präsidenten genossen. Dass nun mehrere ranghohe Offiziere innerhalb weniger Monate entlassen werden, gilt als ungewöhnlich.
Für die internationale Sicherheitspolitik kommt der Vorgang zu einem heiklen Zeitpunkt. Die US-Angriffe auf iranische Atomanlagen hatten weltweit für Aufsehen gesorgt. Während Trump den Erfolg der Mission herausstellte, weisen Experten darauf hin, dass ein Großteil der Anlagen tief unter der Erde liege und schwer zu zerstören sei.
Der DIA-Bericht hatte diese Einschätzung gestützt und zugleich die Wirksamkeit der Angriffe relativiert.
Im Iran selbst reagierte die Regierung zurückhaltend auf die jüngsten Entwicklungen in Washington. Teheran betonte erneut, sein Atomprogramm diene ausschließlich friedlichen Zwecken. Zugleich wies das iranische Außenministerium die Darstellung zurück, die US-Angriffe hätten einen nennenswerten Rückschlag verursacht.
Die politische Dimension der Entlassung ist jedoch unübersehbar. Kommentatoren verweisen darauf, dass Trump seit seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus verstärkt versucht, Einfluss auf die Sicherheits- und Geheimdienststrukturen zu nehmen.
Bereits in seiner ersten Amtszeit war es wiederholt zu Konflikten zwischen Präsident und Geheimdiensten gekommen – etwa im Streit über russische Einflussnahme auf die US-Wahlen.
Die Defense Intelligence Agency gilt als eine der zentralen Nachrichtendienstinstitutionen der Vereinigten Staaten. Mit rund 16.500 Mitarbeitern liefert sie Analysen zu militärischen Entwicklungen weltweit und berät sowohl das Verteidigungsministerium als auch den Präsidenten. Dass ihr Leiter mitten in einer angespannten internationalen Lage abberufen wird, unterstreicht die Brisanz des Vorgangs.
Ob Kruses Entlassung unmittelbare Auswirkungen auf die künftige Ausrichtung der US-Iran-Politik haben wird, ist noch offen. Beobachter rechnen jedoch damit, dass das Verhältnis zwischen politischer Führung und professionellen Analytikern weiter unter Druck geraten könnte.
Für die Opposition in Washington ist der Fall ein weiteres Beispiel dafür, dass unter Trump die Grenze zwischen unabhängiger Expertise und politischer Loyalität zunehmend verwischt.
Quellen:
Reuters, 22.08.2025: „Head of Pentagon’s intelligence agency fired, officials say“
AP News, 22.08.2025: „Hegseth fires general whose agency’s intel assessment of damage from Iran strikes angered Trump“
The Guardian, 22.08.2025: „Hegseth fires top US general after Iran assessment that angered Trump“
The Wall Street Journal, 22.08.2025: „Hegseth Fires Defense Intelligence Agency Chief After Iran Report“
Axios, 22.08.2025: „Defense intel boss Jeffrey Kruse ousted“
Washington Post, 22.08.2025: „Defense Intelligence Agency director Jeffrey Kruse fired by Hegseth“
New York Post, 22.08.2025: „Pentagon fires head of intel agency responsible for drafting leaked Iran bomb damage assessment“
CBS News, 22.08.2025: „Jeffrey Kruse ousted as Defense Intelligence Agency director“
Stars and Stripes, 22.08.2025: „DIA director Lieutenant General Jeffrey Kruse fired“
Task & Purpose, 22.08.2025: „Air Force, DIA leadership shake-up after Kruse firing“
ORF.at, 22.08.2025: „Trump feuert Geheimdienstchef Kruse nach Iran-Bericht“
Pressemitteilung Senator Mark Warner, 22.08.2025: „Statement on the Firing of DIA Director Lt. Gen. Jeffrey Kruse“



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