Wachwechel in der Chauseestraße - Martin Jäger wird neuer BND Präsident
- Richard Krauss

- 7. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Martin Jäger übernimmt am 15. September 2025 das Amt des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes. Der bisherige deutsche Botschafter in der Ukraine folgt auf Bruno Kahl. Kahl leitete den Dienst seit 2016 und wechselt als Botschafter an den Heiligen Stuhl nach Rom. Die Bundesregierung nannte Jägers langjährige Erfahrung in Krisenregionen als Qualifikation für die neue Aufgabe.
Jäger ist 1964 in Ulm geboren. Nach Wehrdienst und einer Ausbildung zum Fotografen studierte er in München Völkerkunde, Politische Wissenschaften und Philosophie. 1994 trat er in den höheren Auswärtigen Dienst ein. Stationen führten ihn ins Auswärtige Amt und ins Bundeskanzleramt. Später leitete er das Kulturreferat an der Botschaft in Prag und arbeitete als Sprecher von Frank-Walter Steinmeier im Auswärtigen Amt.

2008 wechselte er in die Wirtschaft und verantwortete bei Daimler den Bereich Global External Affairs and Public Policy. 2013 kehrte er als Botschafter in Kabul in den Auswärtigen Dienst zurück. Es folgten Tätigkeiten als Pressesprecher im Bundesfinanzministerium, als Staatssekretär im baden-württembergischen Innenministerium, als beamteter Staatssekretär im Entwicklungsministerium sowie als Botschafter in Bagdad. Seit 2023 vertrat er Deutschland in Kyjiw.
Mit dem Wechsel an die BND-Spitze verantwortet Jäger die Führung des deutschen Auslandsnachrichtendienstes. Der BND sammelt Informationen über das Ausland, die für die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands bedeutsam sind, wertet sie aus und berichtet der Bundesregierung. Der gesetzliche Auftrag ist im BND-Gesetz geregelt. Inhaltliche Schwerpunkte ergeben sich aus der aktuellen Sicherheitslage. Dazu zählen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, hybride Bedrohungen, Einflussoperationen, Cyberangriffe, Terrorismus, organisierte Kriminalität und Fragen der Proliferation.
Organisatorisch ist der BND eine dem Bundeskanzleramt nachgeordnete Bundesoberbehörde. Die Fach- und Dienstaufsicht liegt beim Kanzleramtschef, der zugleich Beauftragter der Bundesregierung für die Nachrichtendienste ist. Seit dem 6. Mai 2025 übt Thorsten Frei dieses Amt aus. Für den BND-Präsidenten bedeutet das regelmäßige Lageberichte an das Kanzleramt, die Umsetzung der Regierungsprioritäten in operative Planung und die Steuerung der eigenen Produkte der Lageanalyse.
Die Kontrolle der Nachrichtendienste erfolgt mehrstufig. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Deutschen Bundestages überwacht die Tätigkeit der Dienste. Die Bundesregierung unterrichtet das Gremium über die allgemeine Arbeit und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Der BND-Präsident wirkt an Unterrichtungen mit und beantwortet Fragen des Gremiums. Neben der politischen Kontrolle besteht eine eigenständige Rechtskontrolle für die technische Aufklärung. Sie obliegt dem Unabhängigen Kontrollrat. Dessen gerichtsähnliches Kontrollorgan prüft vorab die Rechtmäßigkeit ausgewählter Maßnahmen. Das administrative Kontrollorgan nimmt nachträgliche Prüfungen vor. Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts haben diese Architektur geprägt.
Der BND hat seinen Hauptsitz in Berlin-Mitte, Chausseestraße 96–99a. Von dort führt die Leitung den Dienst. Zur Leitung gehören neben dem Präsidenten mehrere Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten mit klar abgegrenzten Zuständigkeiten. Der BND spricht öffentlich von rund 6 500 Beschäftigten. In der täglichen Arbeit stehen die Gewinnung und Auswertung von Informationen im Vordergrund. Dazu kommen Kooperationen mit Partnerdiensten. Internationale Zusammenarbeit liefert Hinweise, die in Berichte, Warnungen und Lagebilder für die Bundesregierung einfließen.
Für die Behörde sind rechtssichere Verfahren zentral. Der BND unterliegt gesetzlichen Grenzen und formellen Genehmigungserfordernissen. Eingriffe in Kommunikation werden gesetzlich definiert, an Schwellen gebunden und kontrolliert. Die Leitung ist dafür verantwortlich, dass operative Maßnahmen, Datenverarbeitung und internationale Kooperationen den rechtlichen Rahmen wahren. Dazu gehört auch der Schutz personenbezogener Daten und die Umsetzung interner Compliance-Strukturen.
Mit dem Amtsantritt übernimmt Jäger eine Organisation, die in den vergangenen Jahren ihre technische Aufklärung ausgebaut und zugleich die externe Rechtskontrolle gestärkt hat. Gesetzesänderungen nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts konkretisierten die Befugnisse und Kontrollen. Für die Führungsebene bedeutet das, operative Leistungsfähigkeit mit rechtsstaatlicher Kontrolle zu verbinden. Hinzu kommen Personalgewinnung, IT-Sicherheit, Modernisierung der Analyseprozesse und die Kommunikation mit Politik und Öffentlichkeit.
Die Sicherheitslage fordert klare Prioritäten. In Europa stehen militärische und hybride Bedrohungen im Fokus. Global gewinnen Machtverschiebungen, Regional-konflikte und sicherheitsrelevante Folgen technologischer Entwicklungen an Bedeutung. Der BND muss Entwicklungen früh erkennen und einordnen.
Kurze Reaktionszeiten und belastbare Analysen sind Grundlage politischer Entscheidungen. In diesem Rahmen bündelt sich die Verantwortung beim Präsidenten: strategische Steuerung, internationale Kooperation, rechtssichere Umsetzung und transparente Unterrichtung der Aufsichtsgremien.
Bruno Kahl hatte den Dienst über mehr als neun Jahre geführt. In seine Amtszeit fielen der Abschluss des Umzugs der Zentrale nach Berlin, organisatorische Anpassungen und mehrere Reformen des BND-Rechts. Mit dem nun geplanten Wechsel nach Rom bleibt Kahl im Auswärtigen Dienst.
Der Übergang an der BND-Spitze zum 15. September ist politisch terminiert. Das Bundeskanzleramt stellt die Kontinuität der Führung sicher.
Für Martin Jäger beginnt damit eine Amtszeit mit hohem Arbeitstempo. Die Aufgabe verlangt Führungserfahrung, diplomatisches Gespür und rechtliche Sorgfalt. Die Erwartungen an die Frühwarn- und Analysefähigkeit des Dienstes sind hoch.
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