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Stichwort: Bundeswehr und Wehrpflicht

  • Autorenbild: Richard Krauss
    Richard Krauss
  • 5. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Die Wehrpflicht in Deutschland ist durch das Grundgesetz und das Wehrpflichtgesetz festgelegt. Nach wie vor kann der Bundestag sie jederzeit reaktivieren, um bei sicherheitspolitischem Bedarf die Bundeswehr personell zu stärken.


Die Einberufung folgt einem präzisen Ablauf: Alle 18-jährigen Männer erhalten eine Einladung mit Fragebogen, auf dessen Basis Überprüfungen zur Tauglichkeit („Musterung“) erfolgen. Gesundheit, Fitness, Motivation und psychosoziale Eignung werden in spezialisierten Zentren eingeschätzt, ehe im Bedarfsfall die schriftliche Einberufung zum Dienst erfolgt.


Logo Bundeswehr (c) Bundeswehr
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Mit Dienstantritt beginnt die Grundausbildung, die nicht nur als militärischer Einstieg gilt, sondern den sozialen, physischen und ethischen Grundstein für jede militärische Karriere legt. Die Ausbildung dauert drei Monate im engeren Sinn (mit anschließender Spezialgrundausbildung) und ist intensiv, herausfordernd und umfassend angelegt.


Rekrutinnen und Rekruten werden in Einheiten von rund 30 Personen („Züge“) untergebracht und nehmen von Anfang an am Bundeswehralltag teil, einschließlich Gemeinschaftsleben, gemeinsamem Wohnen (oft vier Personen pro Stube) und Zusammenhalt unter Anleitung erfahrener Ausbilderinnen und Ausbilder.


Von Beginn an stehen die Strukturen und Werte der Bundeswehr im Mittelpunkt. Die Grundausbildung orientiert sich an den Prinzipien der Inneren Führung:


Soldaten sind Bürger in Uniform, denen die Wahrung von Menschenwürde, Mitbestimmung und ein ethisches Wertefundament vermittelt werden. Die Ausbildung fördert den mündigen, verantwortungsbewussten und mitdenkenden Soldaten.


Die Module der Ausbildung sind vielseitig:


Nach der Einkleidung (Ausgabe der Uniform, Feld-, Sport- und Schutzausrüstung) beginnen die ersten Wochen mit Grundfertigkeiten: Formaldienst (Auftreten, Befehlsausführung, militärischer Gruß), Orientierung im Bundeswehrsystem, Dienstgradhierarchie und Rechte und Pflichten aller Soldaten.


Danach folgt die militärische Grundausbildung im engeren Sinn: Tägliches Sporttraining, Marschieren, Geländedienst, Schießausbildung (Handwaffen, Umgang mit Munition, Verhalten am Schießstand), Überlebenstraining (Biwakieren im Gelände, Errichten von Notunterkünften), ABC-Abwehr (Verhalten bei Angriff mit atomaren, biologischen oder chemischen Stoffen), Erste Hilfe und Kameradenhilfe sind obligatorisch.


Einen hohen Stellenwert besitzen auch theoretische Unterrichtseinheiten: Vermittelt werden Grundlagen des Soldatengesetzes, das Recht auf Remonstration bei verbotenen Befehlen, soldatische Umgangsformen, Gleichstellung, Demokratieverständnis, politische Bildung und internationale Rechtsgrundlagen.


Ein zentrales Element ist darüber hinaus die Vermittlung und Einübung von Kameradschaft, Teamarbeit, solidarischem Handeln und gegenseitiger Unterstützung.


Im Laufe der Ausbildung steigern sich Komplexität und Umfang der Aufgaben. Praktische Prüfungen und Leistungstests sind regelmäßig vorgesehen, um den Stand jedes Einzelnen zu dokumentieren.


Ein Höhepunkt ist das Gelöbnis, mit dem jede Soldatin und jeder Soldat feierlich die freiheitlich demokratische Grundordnung verteidigt und der Bundeswehrgemeinschaft beitritt.


Gegen Ende folgt die sogenannte Rekrutenbesichtigung, bei der Fitness, Wissen und Teamleistung geprüft werden.


Ergänzend dazu erhalten die Rekrutinnen und Rekruten Unterstützung zur Persönlichkeitsentwicklung:


In Rollenspielen, Gesprächen zum Umgang mit Konflikten, Feedbackrunden und Trainings zu Resilienz, Selbstdisziplin und mentaler Stärke werden Herausforderungen thematisiert, ethische Dilemmas debattiert und reflektiert.

Die Ausbilderinnen und Ausbilder praktizieren einen führungsstarken, respektvollen Stil und begleiten die persönliche und berufliche Entwicklung aufmerksam.


Die Fürsorge orientiert sich an aktuellen Standards: medizinische Versorgung, psychologische Betreuung, seelsorgerisches Angebot und umfassende soziale Absicherung gehören zum Alltag.


Nach erfolgreichem Abschluss der Grundausbildung folgt für Mannschaften die Spezialgrundausbildung, die auf die geplante Verwendung vorbereitet.


Beispiele: Wer Richtschütze am Kampfpanzer Leopard 2 wird, trainiert im Simulator und auf dem Panzer; Funkerinnen und Funker – zunehmend in IT-nahen Bereichen – lernen Technik und Notfallabläufe; Sanitätskräfte vertiefen erweiterte medizinische Module.


Unteroffizier- und Offiziersanwärter besuchen zusätzliche Lehrgänge zu Führung, Pädagogik und spezieller Dienstaufsicht.


Materielle Vorteile sind eng mit dem Wehrdienst verbunden: Neben dem monatlichen Wehrsold (1.800–2.200 Euro brutto, mit Aufstiegsmöglichkeiten und Zuschlägen), kostenfreier Unterkunft und Verpflegung sowie freier medizinischer Versorgung genießen Soldatinnen und Soldaten auch soziale Absicherungen und familienfreundliche Zusatzleistungen.


Dazu gehören der Familienzuschlag (je nach Familienstand bis zu mehreren Hundert Euro), Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherung für Angehörige ohne eigenes Einkommen, vollständige Sozialversicherungsbeiträge, Anspruch auf kostenlose Heimfahrten in Uniform (bundesweit im Bahnverkehr, Klasse 2), Leistungsprämien und ein Zuschuss oder sogar komplette Übernahme der Kosten für den zivilen Führerschein, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.


Im Falle eines Dienstunfalls oder Todesfalls sind die Hinterbliebenen umfassend versorgt: Rentenansprüche, Unfall- und Invaliditätsabsicherung sind gesetzlich geregelt. Die Zeit des Wehrdienstes wird voll auf die gesetzliche Rentenversicherung angerechnet, Entlassungsgeld und weitere Nachversicherungszeiten sichern den finanziellen Übergang nach Dienstende.


Weiterbildungsangebote, Übernahme in Berufssoldatenlaufbahnen und umfangreiche Fördermöglichkeiten sind Teil des Systems.


Wer aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigert, erhält die Möglichkeit auf einen gleichwertigen Ersatzdienst in sozialen, pflegerischen, sanitätsdienstlichen oder Katastrophenschutzbereichen. Auch mehrjährige ehrenamtliche Tätigkeiten können als Ersatz anerkannt werden.


Die Wehrpflicht und Grundausbildung in der Bundeswehr sind moderne, werteorientierte Bausteine deutscher Sicherheits- und Gesellschaftspolitik. Sie verbinden individuelle Förderung und Persönlichkeitsbildung mit verantwortungsvoller Staatsbürgerlichkeit, ethischem Handeln, sozialer Sicherheit und konkreten materiellen Vorteilen – für den Dienstleistenden ebenso wie für seine Familie.


Das System sichert nationale Verteidigungsfähigkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Entwicklung junger Menschen zu mündigen, einsatzbereiten Bürgern in Uniform.

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