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Vorbericht: „Nie wieder still“
CSD Berlin Regenbogen-Power
gegen rechte Gewalt -
Berlin zeigt Haltung

Richard Krauss

23. Juli 2025

Queere Sichtbarkeit
ist nicht
verhandelbar

aktualisiert 23.07.2025 - 20:59 Uhr


Wenn am Samstag Hunderttausende durch Berlin ziehen, leuchtet die Stadt nicht nur in Regenbogenfarben – sie wird zur Bühne einer politischen Selbstvergewisserung. Der Christopher Street Day 2025 steht unter dem Motto „Nie wieder still“ – ein Ruf, der angesichts wachsender queerfeindlicher Gewalt, rechter Angriffe auf Demokratie und institutioneller Gleichgültigkeit unmissverständlich ist.

Der Berliner CSD ist keine Parade – er ist Widerstand mit Haltung.


queer boy
queer boy
Politischer Ausnahmezustand: Warum „Nie wieder still“?

Die Entscheidung für das diesjährige Motto ist keine blumige Symbolpolitik, sondern eine Antwort auf die Realität: Laut aktuellen Zahlen der Amadeu Antonio Stiftung und des Bundesinnenministeriums haben queerfeindlich motivierte Straftaten im Jahr 2024 erneut zugenommen – in vielen Fällen unter dem Radar der Mehrheitsgesellschaft.


Diese Ignoranz trifft auf einen lautstark erstarkenden Rechtspopulismus, der in AfD-nahen Milieus längst systematisch gegen queere Sichtbarkeit und Gleichberechtigung mobilisiert.


In diesem Klima wird das Motto zur Mahnung – und zur Selbstverpflichtung: Nie wieder schweigen, wenn Menschenrechte verhandelbar gemacht werden. Nie wieder still bleiben, wenn queeres Leben zur Zielscheibe gemacht wird.


Rechter Gegenprotest: Die Provokation ist Strategie

Parallel zum CSD hat eine Einzelperson aus dem neonazistischen Spektrum eine Gegendemonstration angemeldet – mit bis zu 350 Teilnehmenden. Das Ziel: Den CSD als „Terrorveranstaltung“ zu diffamieren und die queere Community einzuschüchtern.


Was wie eine isolierte Provokation erscheinen mag, ist Teil einer kalkulierten Kampagne: In mehreren Bundesländern – darunter Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bayern – kam es in den letzten Monaten vermehrt zu gezielten Störaktionen gegen Pride-Events.


Besonders aktiv: die rechtsextreme Gruppierung „Deutsche Jugend Voran“, die queerfeindliche Narrative mit völkisch-nationalistischen Motiven verknüpft. Ihr Auftreten – martialisch, identitär, antidemokratisch – folgt einer Strategie der Einschüchterung durch Präsenz.


Haltung zeigen heißt Verantwortung übernehmen

Die Veranstalter*innen des Berliner CSD machen deutlich: „Wir lassen uns weder einschüchtern noch marginalisieren.“ Mit rund 80 Trucks, über 250 Organisationen und einer Demonstrationsroute vom Leipziger Platz zum Brandenburger Tor ist der diesjährige Pride auch ein logistisches Signal: Berlin wird sich nicht zurückdrängen lassen.


Besonders bemerkenswert: Der diesjährige CSD wird stärker als in den Vorjahren von Allianzen zwischen queerer Zivilgesellschaft, antifaschistischen Initiativen, Gewerkschaften und migrantischen Organisationen getragen. Es geht nicht nur um sexuelle Selbstbestimmung – es geht um die Verteidigung eines demokratischen Gemeinwesens gegen autoritäre Versuchungen.


Queer ist politisch – und unbequem

Wer in einer Demokratie sichtbar lebt, liebt und kämpft, stellt die autoritäre Ordnung infrage. Genau deshalb geraten queere Menschen ins Fadenkreuz rechter Kampagnen – ob in den Feuilletons rechtspopulistischer Plattformen wie NIUS oder in Form von Gewalt auf der Straße.


Die Vorstellung, queere Gleichberechtigung sei „erreicht“, verkennt, wie tief verankert Diskriminierung, Transfeindlichkeit und patriarchale Gewaltmuster sind – auch in der Mitte der Gesellschaft. Der CSD 2025 ruft dazu auf, diese Realitäten nicht nur anzuerkennen, sondern aktiv zu bekämpfen.


Ein CSD für alle – nicht für Kompromisse

Die Berliner Demonstration positioniert sich deutlich gegen jede Form von Pinkwashing. Unternehmen, die sich mit Regenbogen-Logos schmücken, aber Arbeitsrechte missachten oder autoritäre Regime unterstützen, geraten zunehmend unter Kritik.


Auch innerhalb der Community wird diskutiert, wie politisch, wie unbequem und wie laut der CSD sein sollte. Die Veranstalter*innen des Berliner CSD haben mit dem diesjährigen Motto klar gemacht: Es geht nicht um Konsens – es geht um Widerstand.


Warum dieser CSD mehr ist als ein Event

In einer Zeit, in der Grundrechte als Privilegien verhandelt werden, ist politische Sichtbarkeit ein Akt der Selbstverteidigung. Der Berliner CSD 2025 ist kein Festival – er ist ein Manifest.


Für viele queere Menschen, für marginalisierte Gruppen, für Demokrat*innen aller Geschlechter und Herkünfte.


„Nie wieder still“ ist eine Botschaft an die Rechten – aber auch an die Demokratie selbst. Schweigen hat noch nie Gerechtigkeit gebracht. Sichtbarkeit schon.

Alle Informationen zum CSD Berlin (incl Route) findest zu hier https://csd-berlin.de/demo-route-2025


Quellenverzeichnis


  1. Berliner Verfassungsschutzbericht 2024 – „Rechtsextremistische Bestrebungen im urbanen Raum“Herausgegeben vom Landesamt für Verfassungsschutz Berlin(Abrufbar über: www.berlin.de/verfassungsschutz)


  2. Tagesspiegel (2025): „Polizei bereitet sich auf CSD mit großem Sicherheitskonzept vor“Bericht vom 22. Juli 2025


  3. LSVD – Lesben- und Schwulenverband Deutschland: „Rechtsextreme Angriffe auf queere Veranstaltungen 2024/2025“Jahresübersicht und Lageeinschätzung, Stand: Juni 2025


  4. Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): Dossier „Rechtsextremismus und queerfeindliche Ideologien“Letzte Aktualisierung: Mai 2025


  5. Rechercheplattform Correctiv: „Zwischen Pride und Provokation – wie rechte Gruppen den öffentlichen Raum testen“Artikel vom 17. Juli 2025


  6. Polizeipräsidium Berlin – Pressemitteilung zum Einsatzkonzept für den CSD 2025(Presseinformation Nr. 176/2025 vom 21. Juli 2025)


  7. Queer.de: „Gegendemonstration von Neonazi angemeldet – Behörden rechnen mit gezielter Provokation“Beitrag vom 20. Juli 2025


  8. Amadeu Antonio Stiftung: Monitoringbericht „Feindbild Vielfalt – Angriffe auf queere Sichtbarkeit in Deutschland“Erscheinungsjahr: 2025


  9. Deutscher Bundestag – Plenarprotokolle und Debatten zur Sichtbarkeit von Regenbogenflaggen an öffentlichen GebäudenSitzungswoche 25/2025, Dokumentationsdienst Parlamentsarchiv


  10. Bündnis „Berlin gegen Rechts“ – Chronik queerfeindlicher Vorfälle 2024–2025Online verfügbar unter: www.berlingegenrechts.de

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