Richard Krauss
26. Juli 2024
Gefahr russischer Sabotage in Deutschland steigt
KÖLN - Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat in seinem neuesten Sicherheitshinweis die Gefahr von Sabotageakten durch russische Akteure in Deutschland und Europa als erhöht eingestuft. Die Lageentwicklung rund um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der anhaltende Konflikt zwischen Russland und dem Westen haben zu dieser Einschätzung geführt.
Seit 2023 häufen sich europaweit Hinweise auf mögliche russische Aktivitäten, die gezielt kritische Infrastrukturen und Unternehmen angreifen. Besonders alarmierend sind die Erkenntnisse über potenzielle Einfallstore, die Angreifer nutzen könnten. Diese umfassen unter anderem öffentlich zugängliche interne Dokumente, die detaillierte Informationen über Unternehmensabläufe und technische Systeme enthalten. Auch Stellenausschreibungen und Social-Media-Profile von Mitarbeitenden bieten Angreifern oft mehr Informationen als erforderlich, was sie zu potenziellen Zielen macht.
Die Verfassungsschutzbehörden vermuten, dass russische Nachrichtendienste gezielt Social-Media-Profile von Mitarbeitenden deutscher Unternehmen auswerten, um Personen für Einflussnahme oder Anwerbungsversuche zu identifizieren. Zudem sind IP-Adressen und deren Schwachstellen ein beliebtes Einfallstor für Cyberangriffe. Pro-russische Hacktivisten greifen regelmäßig Websites deutscher Behörden und Unternehmen an, wobei die Auswirkungen meist zeitlich begrenzt sind.
Im europäischen Ausland häufen sich Fälle von versuchten oder erfolgreichen Brandstiftungen, Vandalismus und Propagandaaktivitäten, die auf russische Nachrichtendienste zurückgeführt werden. Diese Aktionen werden häufig von sogenannten „Low-Level-Agents“ durchgeführt – junge, russischsprachige Akteure, die über soziale Medien und Messenger-Dienste rekrutiert werden und einfache Tätigkeiten gegen Bezahlung ausführen.
Der Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz hebt hervor, dass Nachrichtendienste gezielt offen zugängliche Informationen auswerten, um Schwachstellen für physische und cybergestützte Sabotagehandlungen zu identifizieren. Kenntnisse über betriebliche Abläufe und Kommunikationswege ermöglichen es Angreifern, Notfallpläne zu stören oder zu unterbrechen, etwa durch Falschmeldungen oder Überlastung von E-Mail-Servern.
Um diesen Bedrohungen zu begegnen, enthält der Sicherheitshinweis umfassende Handlungsempfehlungen für Sicherheitsverantwortliche, Personalverantwortliche und Beschäftigte. Unternehmen sollen das Schutzniveau ihrer Objekte anpassen, Mitarbeitende regelmäßig schulen und klare Meldewege etablieren. Personalverantwortliche werden aufgefordert, Informationen in Stellenausschreibungen auf das Nötigste zu beschränken und eine Social-Media-Policy zu implementieren. Beschäftigte sollten in sozialen Netzwerken datensparsam auftreten und alternative, sichere Kommunikationswege nutzen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz bietet Unterstützung und Beratung für Unternehmen und Beschäftigte, um die Bedrohung durch Sabotage und Spionage zu minimieren. Informationen zu Bedrohungen und konkrete Sicherheitsanfragen können direkt an das Amt gerichtet werden. Die Behörden betonen die Notwendigkeit, wachsam zu bleiben und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit kritischer Infrastrukturen und Unternehmen zu gewährleisten.
Quelle: Bundesamt für Verfassungsschutz (Gesamttext PDF)