
Richard Krauss
13. Juni 2024
Eric Ciotti, der Vorsitzende der französischen konservativen Partei Les Républicains, wurde aus der Partei der Konservativen ausgeschlossen
Der bisherige Vorsitzende Cotti wurde ausgeschlossen, weil er im Alleingang eine Wahlallianz mit dem rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen eingehen wollte.
Der Rassemblement National (RN) ist eine rechtspopulistische bis rechtsextreme Partei in Frankreich, die sich selbst als „patriotisch", „populistisch" und „souveränistisch" definiert.
Bis Juni 2018 trug sie den Namen Front National (FN). Rassemblement National (RN) stellt eine erhebliche politische Gefahr für Frankreich dar, da die Partei zunehmend in breiteren Bevölkerungsschichten auf Sympathisanten und Unterstützer trifft und ihre radikalen Positionen salonfähig macht, ähnlich wie die AfD in Deutschland.
Bei den Präsidentschaftswahlen 2022 erreichte Marine Le Pen mit 41,45% der Stimmen ein historisches Ergebnis für den RN. Bei den Parlamentswahlen im Juni 2022 wurde der RN mit 89 Sitzen die größte Oppositionspartei in der Nationalversammlung.
Die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) unter Führung von Marine Le Pen erzielte bei den Europawahlen 2024 in Frankreich rund 31-32% der Stimmen und wurde damit stärkste Kraft. Macrons pro-europäische Allianz kam auf etwa 15%, die Sozialisten auf 14%.
Der RN propagiert einen starken Nationalismus, eine harte Linie gegen Migranten und ein "Europa der Nationen", was letztlich auf eine Zerschlagung der EU hinausläuft. Unter der Führung von Marine Le Pen und Jordan Bardella arbeitet der RN an einem gemäßigteren Image, um neue Wählergruppen rechts der Mitte zu gewinnen. Damit macht die Partei ihre extremen Positionen salonfähig.
Eric Ciotti verfolgt mit seiner angekündigten Kooperation mit dem Rassemblement National (RN) mehrere Ziele:
Angesichts der Niederlage seiner Républicains (LR) bei den Europawahlen und der bevorstehenden Parlamentsneuwahlen sieht Ciotti keine Chance mehr für seine Partei, alleine gegen das Lager des Präsidenten Macron und das linke Bündnis zu bestehen. Eine Allianz mit dem RN soll die Chancen bei den von Macron angekündigten Neuwahlen der LR verbessern.
Ciotti will erreichen, dass der RN in bestimmten Wahlkreisen keine Gegenkandidaten gegen LR-Vertreter aufstellt. Damit soll die Zersplitterung der konservativen Stimmen verhindert werden und hofft wohl, dass die LR stärker in Richtung des RN rückt und die Grenzen zwischen bürgerlicher Rechten und Rechtsnationalismus verwischen.
Kritiker werfen ihm schon länger vor, diese Grenzen zu verschleiern. Persönlich dürfte Ciotti auch das Ziel verfolgen, sich als Parteichef zu behaupten. Jedoch stößt Cottis Kurs auf entschiedenen Widerstand in der LR-Führung und auch bei vielen Mitgliedern. Eine Zusammenarbeit mit dem RN galt in der französischen Rechten lange als Tabu.
Die konservative CDU/CSU in Deutschland hat eine ambivalente Haltung gegenüber einer Zusammenarbeit mit der in Teilen rechtsextremen AfD.
Auf Bundesebene wird eine Zusammenarbeit kategorisch abgelehnt, während auf Länderebene und kommunaler Ebene bereits Beispiele für Zusammenarbeit und Absprachen zwischen CDU und AfD bekannt sind. In mehreren europäischen Ländern arbeiten konservative und rechtspopulistische Parteien zusammen oder sind sogar gemeinsam an der Regierung beteiligt.
In Österreich ist die rechtspopulistische FPÖ Teil der Regierungskoalition mit der konservativen ÖVP. In Polen regierte bis 2023 die national-konservative PiS-Partei, die dem Spektrum der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im Europaparlament angehört.
In Ungarn arbeitet der rechtspopulistische Ministerpräsident Viktor Orbán mit seiner Fidesz-Partei eng mit dem konservativen Lager zusammen.
In Schweden unterstützt die rechtspopulistische Schwedendemokraten (SD) die konservativ-bürgerliche Regierung, ohne selbst Teil der Koalition zu sein.
In Deutschland ist die AfD vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft.
Bezeichnend ist dass die Grenzen zwischen konservativen und rechtspopulistischen Parteien in Europa zunehmend verschwimmen. Rechtspopulistische Parteien dienen oft als Plattform für Gruppierungen, die zuvor nicht zusammengearbeitet hätten. Gleichzeitig übernehmen konservative Parteien zunehmen Positionen und Rhetorik des rechten Rands. (rk)