Richard Krauss
19. Juli 2024
Klein fordert klare gesetzliche Regelungen zur Strafverfolgung antisemitischer Aufrufe
WÜRZBURG - 19.07.2024 - Felix Klein, seit 2018 Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, sieht in einem Interview der in Würzburg erscheinenden MAINPOST eine dramatische Verschlechterung der antisemitischen Lage in Deutschland. Insbesondere nach dem Hamas-Überfall am 7. Oktober ist die Zahl antisemitischer Vorfälle erheblich gestiegen, wobei die Kriminalstatistik für 2023 über 5100 antisemitische Straftaten dokumentiert.
Klein betont, dass Antisemitismus sichtbarer gemacht wurde, was eine Grundvoraussetzung für dessen Bekämpfung ist. Strukturen wurden geschaffen, um systematischer und strategischer gegen Antisemitismus vorzugehen.
Trotz der Erfolge der AfD gibt es keine größere Auswanderungswelle von Jüdinnen und Juden aus Deutschland. Im Gegenteil, viele ziehen nach Deutschland, was das Vertrauen in das Land und seine Institutionen zeigt. Klein hebt die Bedeutung von Bildungsprogrammen wie den Studiengang "Antisemitismuskritische Bildung" an der Uni Würzburg hervor, der bundesweit ausgebaut werden soll.
Klein kritisiert die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Parole "From the River to the Sea" nicht in jedem Kontext als Aufruf zur Vernichtung Israels gilt, und fordert gesetzliche Regelungen gegen solche Aufrufe.
Auch im Bereich der Volksverhetzung sieht er Nachschärfungsbedarf im Gesetz, um antisemitische, rassistische, homophobe oder frauenfeindliche Motive klar zu benennen.
Der Bundestag diskutiert über einen fraktionsübergreifenden Antrag zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland, der Solidarität zeigen und konkrete Forderungen wie Strafrechtsverschärfungen beinhalten soll.
Klein betont die Notwendigkeit, Antisemitismus auch an Universitäten konsequent zu bekämpfen und fordert mehr Empathie gegenüber jüdischen Studierenden. Abschließend appelliert er an die Zivilgesellschaft, Antisemitismus im Alltag sofort zu widersprechen und Solidarität gegenüber der jüdischen Bevölkerung zu zeigen.
(Quelle: Interview mit der Mainpost veröffentlicht am 19.7.2024)