Abseits der Trampelpfade - Wandern in Israel
EMET-NEWS-PRESS - 4. APRIL 2012 - Richard Krauss
Es sind knapp vier Stunden Flug vergangen als die EL AL Maschine aus München kommend auf dem Internationalen Ben Gurion Airport in Tel Aviv landet. Es ist später Nachmittag. Sechs Tage Wandern in Israel, was erwartet mich ? Klar, kenn ich Israel, Rundreise, Fly & Drive, Städtereise. Alles schon mitgemacht. Doch Wandern in Israel ? Ich bin gespannt.
Die Einreiseformalitäten sind schnell erledigt . Mit dem Koffer bepackt komme ich in der Ankunftshalle an. Irgendwie kann ich mir das Ganze nicht so recht vorstellen. Okay Wandern in der Mecklenburgischen Seenplatte, in der Lüneburger Heide, auf der Schwäbischen Alb oder in den Alpen. Ja das kann ich mir vorstellen. Aber hier in Israel ?
Doch augenscheinlich geht es auch Anderen so. Ein junges Pärchen neben mir, bepackt wie zur Besteigung des Matterhorns lächelt mir zu.
„Shalom“ tönt es freundlich von der Seite. Man muß es uns angesehen haben – Rafi heißt uns herzlich in Israel willkommen . „Geschafft“ , wir haben die „örtliche Reiseleitung“ gefunden.
Die Dämmerung bricht herein als wir uns auf den Weg nach Arad machen. Wir werden die erste Nacht im Negev verbringen. Die knapp 24000 Einwohner zählende Stadt liegt zwischen Beersheba und dem Toten Meer und wurde 1962 geggründet. Müde, zufrieden nach einem wohlschmeckenden Abendessen und einer Dusche verbringe ich die erste Nacht in Arad.
Es ist vier Uhr morgends (!) als das Telefon klingelt – es ist unser Reiseleiter, unser Bus wartet schon seit 15 Minuten auf mich ! Ich habe verschlafen – Hektisch renne ich aus dem Bett, rutsche beinahe aus, stolpere über meinen Koffer, stoße mir den Fuß an und wache – Gott sei Dank – aus diesem Albtraum auf.
Es ist ein herrlicher Morgen ! Sonne und blauer Himmel. Es ist 7:30 Uhr als ich unter der Dusche stehe und das warme Wasser meinen Körper belebt. Nachdem ich wunderbar geschlafen habe, genieße ich das herrliche köstliche israelische Frühstück. Ich bin gestärkt für den Tag, es kann losgehen !
Die erste Überraschung erlebe ich, als ich das Hotel verlasse und den großen Bus suche. Fehlanzeige ! Habe ich doch verpennt ? Nein. Alles in bester Ordnung. Die Reisegruppe besteht aus gerade mal neun Gästen. Cool ! Keine Massenabfertigung.
Nach einer Stunde Fahrzeit, die uns auf der Route 204 vorbei an Dimona Richtung Südwest führt, ereichen wir Sde Boker. Wir betreten geschichtsträchtigen Boden. Sde Boker – zu deutsch „Feld der Hirten“ war die Wahlheimat des Gründers des Staates Israel David Ben Gurion. Dort hat er neben seiner Frau Paula seine letzte Ruhe gefunden.
Wir erfahren von Ben Gurion, der auch dort gelebt hat, viel von der Geschichte Israels und spatzieren durch den Kibbutz Sde Boker. Unsere Wanderung führt uns nun weiter in die Schlucht Advat bis zum Wasserfall.
Wer es besonders sportlich mag, der erklimmt eine der Leitern, die bis zum Ende der Schlucht führen. Ich selbst beobachte dies von unten und genieße die Schlucht. Es geht weiter nach Makhtesh Gadol, ein einzigartiger Erosionskrater. Die bunten Felsmassen erzählen eine Geschichte von Millionen von Jahren. Am Ende des Tages genießen wir die Gastfreundschaft im Bedouinencamp „Kfar HaNokdim„ bei einem authentischen Abendessen.
Eine bleierne Müdigkeit überfällt mich. Ich fühle mich wie in eine andere Welt versetzt. Im Beduinenzelt, wohl gesättigt wie ein kleine Baby habe ich nur noch einen Wunsch. Eine heiße Dusche und ein bequemes Bett. Ich werde erhört und wenig später bin ich wieder in meinem Hotelzimmer in Arad. Ich entschlummere ins Wunderland der Träume.
Nach dem ich die zweite Nacht wie im Paradies verbracht habe, brechen wir nach dem Frühstück zum tiefsten Punkt der Erde auf. Unser Ziel das Tote Meer. Auf dem Weg dort hin machen wir einen Abstecher in die Wüstenoase Ein Gedi im Negev. Die Oase war bereits im 4. Jahrhundert vor Christus besiedelt. Hier versteckte sich David vor König Saul. In diesem paradiesischen „Garten Eden“ wandern wir eine gute Stunde bis zum „Davids Wasserfall“. Unwirklich ruhig und still ist es hier. Das tut meiner Seele gut.
Nun wird es Zeit für eine kleine Pause und wir fahren weiter nach Masada. Ein schicksalshafter Ort für das jüdische Volk. Oben auf dem Plateau einfantastischer Ausblick hinunter zum Toten Meer. Anschließend gehts hinunter zum Toten Meer. Wie gesagt zum tiefsten Punkt der Erde gut 400m unter dem Meeresspiegel. Und nun ab in die Fluten ! – doch Fehlanzeige. Das Ganze ein sehr ruhiges Gewässer und dann sitzt doch da tasächlich ein Mensch im Wasser und liest Zeitung. Okay, wir wissen, daß Jesus über das Wasser gegangen ist, aber das war eigentlich weiter nördlich, dort wo wir heute Abend sein werden.
Spaß beiseite – die Sache ist ernst ! . Natürlich hab ichs vorher gelesen und Sie wissen es natürlich auch. 25-30% Salzgehalt, mehr Auftrieb geht nicht. Badehose dabei und wo hab ich nur die Sonnenmilch ? Ah, brauche ich ja nicht, tiefster Punkt der Erde, keine Chance für einen Sonnenbrand. Es wird Zeit . Der Bus wartet, es ist später Nachmittag, wir verabschieden uns vom Negev. Ach ja, Koffer habe heute Morgen in unser Fahrzeug gepackt, nicht daß Sie sich jetzt Sorgen machen.
Die Landschaft ändert sich wir verlassen den Jordan Graben Richtung Norden und nehmen Kurs auf unser neues Quartier am See Genezareth.
Die nächsten Tage bleiben spannend und interessant. Kleine Wanderungen zum Tel Dan, zum See Genezareth, nach Banjas zu einem der Quellflüsse des Jordans. Es ist beeindruckend. Und ich erlebe Israel auch „langsam“ ohne Hektik, die Natur, die Landschaften und seine Menschen. Jerusalem, die Altstadt, der Garten Gethsemane und die Umgebung der Stadt leiten das Ende meiner Wanderreise nach Israel ein. Eigentlich schade, wenn ich daran denke morgen wieder nach Hause zu fliegen. „Doch alles hat seine Zeit “ , so steht es im Buch der Bücher.
Am Abreisetag noch einmal das typisch israelische Frühstück und dann heißt es Abschied nehmen. Das moderne Terminal 3 am Ben Gurion Airport erwartet uns als Tor zurück in eine andere Welt. Die Besatzung des EL AL Fluges zurück nach München versüßt uns den Abschied und bald verschwindet unter uns der Strand von Tel Aviv und wir nehmen Kurs auf München.
Es waren wunderbare Tage in Israel. Der Albtraum in der Nacht Blick von Massada, der Besuch bei Ben Gurion, das Bad im Toten Meer, der Besuch bei den Beduinen, die Naturparks im Norden und die Highlights in Jerusalem.
Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem , dann soll mir meine rechte Hand verdorren. Die Zunge soll mir am Gaumen kleben, wenn ich an dich nicht mehr denke, wenn ich Jerusalem nicht zu meiner höchsten Freude erhebe.“ – Soweit wollen wir es nicht kommen lassen .